Wie können lokale Gemeinschaften die Umsetzung der nationalen Klimaziele bis 2030 beschleunigen?
Megatrends Spotlight 22, 03.03.2023Nationale Klimaziele reichen nicht aus, um die Erderwärmung einzudämmen. Eine große Herausforderung ist die geringe Beteiligung lokaler Akteure an ihrer Umsetzung. Lokale Klimaziele könnten hier eine entscheidende Rolle spielen, so unsere Autoren in diesem Megatrends Afrika Spotlight.
„Setzt ambitioniertere nationale Klimaschutzziele bis 2030“, so lautete die Forderung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) während der COP 27 im November 2022. Die Vertragsstaaten sollen bis Ende 2022 ihre national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) überarbeiten und aktualisieren. Das Beharren des UNFCCC auf mehr Disziplin ist ein Zeichen für den derzeitigen Zustand der NDCs – und für ihre Unzulänglichkeit, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen.
Dabei bilden die NDCs das Kernstück des internationalen Abkommens. Im Jahr 2015 einigten sich insgesamt 191 Länder darauf, Emissionen zu senken und sich an die Klimaauswirkungen anzupassen (UNFCCC, 2021). Das Pariser Abkommen (Artikel 4, Absatz 2) verpflichtet jede Partei, aufeinanderfolgende NDCs zu erstellen und zu kommunizieren. So sollen die Ziele erreicht werden, und Systeme entstehen, die die Umsetzung der Klimaziele überprüfen (UNFCCC, 2021).
Der jüngste Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) hat gezeigt, dass die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen zwischen 2010 und 2019 höher waren als je zuvor. Um den Klimawandel in Afrika einzudämmen, müssen die NDCs so umgestaltet werden, dass sie lokale Gemeinschaften beteiligen. Läuft alles so weiter wie bisher, ist ihre Wirksamkeit begrenzt (Cooper, 2018): NDCs werden von politischen Entscheidungsträger*innen auf der Makroebene festgelegt, nur ausgewählte Sektoren werden Reduktionszielen unterworfen. Lokale Gemeinschaften haben bei diesen Entscheidungen nur begrenzt Mitsprache, obwohl ihnen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zukommt (Broock, 2019).
Infolgedessen sind NDCs den lokalen Gemeinschaften weitgehend unbekannt. In Côte d'Ivoire zum Beispiel waren die meisten betroffenen Regionen sofort bereit, sich am NDC-Programm zu beteiligen. Die Kommunalverwaltungen weniger betroffener Städte hatten jedoch Schwierigkeiten, die lokalen Akteure einzubinden. Ihnen war die Notwendigkeit der NDCs nicht sofort ersichtlich (NDC-Partnerschaft, 2019). Lokale Akteure und Gemeinden sind aufgrund ihres mangelnden Verständnisses von Minderungsstrategien oft eher Treiber des Klimawandels als Verteidiger von Klimaschutzmaßnahmen.
Die Betroffenen, insbesondere auf lokaler Ebene, müssen über ihre lokalen Behörden sinnvoll eingebunden werden. Die Beteiligung von lokalen Gemeinden und führenden Persönlichkeiten kann erheblich zur Verringerung der globalen Erwärmung beitragen. Durch gemeinsamen Dialog und Wissensaustausch können Gemeinden mit politischen Entscheidungsträger*innen zusammenarbeiten und ein gemeinsames Verständnis von Klimamaßnahmen als Lösung schaffen. Dabei ist entscheidend, dass alle Beteiligten der Überzeugung sind, dass es sich dabei um Chancen handelt, die Lebensgrundlagen aller Menschen langfristig zu erhalten und zu verbessern. Letztlich sind lokale Gemeinschaften die Hauptakteure bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Auf ihren Schultern ruht die Aufgabe, die in den lokalen Klimaschutzstrategien festgelegten Ziele zu verwirklichen.
Die Umsetzung der NDCs ist auf die Makroebene ausgerichtet. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, sie so anzupassen, dass lokale Perspektiven miteinbezogen werden. So wird die Agenda allen Interessenvertreter*innen aus städtischen und ländlichen Gemeinden zugänglich gemacht und dabei ein integrativer und partizipativer Ansatz verfolgt. Ein Wechsel zu einem Bottom-up-Ansatz mit technischer Unterstützung und Rückendeckung durch institutionelle Partner ist ein Muss, um ein nachhaltiges und realistisches Aktionsprogramm auf dem Weg zur Verwirklichung des Pariser Abkommens zu entwickeln.
Die Vereinten Nationen fördern einen solchen Ansatz durch ihre Kampagne "Making Cities Resilient 2030" (MCR2030). Die Initiative bietet Städten Anleitung und Unterstützung, um ihr Verständnis für Risikominderung und Resilienz zu verbessern und ihre strategische Planung zu optimieren. Innerhalb dieses Rahmens besteht die Möglichkeit, sogenannte lokal festgelegte Beiträge (LDCs) in den NDC-Umsetzungsprozess zu integrieren. Laut Cooper sind regional und lokal festgelegte Beiträge „eine Reihe von Verpflichtungen und Leistungen, die von subnationalen Regierungen bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen eingegangen werden" (2018, S. 1).
Die LDCs orientieren sich am Bedarf und an den Fähigkeiten der jeweiligen Gemeinschaft, zu der sie gehören.
Gleichzeitig erfordert die Umsetzung von Klimainitiativen eine gute Koordination zwischen allen Beteiligten. Auf lokaler Ebene können die Kommunalverwaltungen alle Beteiligten an einen Tisch bringen, um die Rolle jedes Einzelnen bei der Erreichung der gewünschten Ziele zu definieren.
Die Entwicklung von LDCs untergräbt nicht die Bedeutung der NDCs. Vielmehr sollen LDCs ihre Umsetzung ergänzen und verbessern. Kampala zum Beispiel hat inzwischen einen Stadtentwicklungsplan unter Berücksichtigung des Katastrophenrisikos und der Abschwächung des Klimawandels ausgearbeitet. Dabei bauten sie auf die Unterstützung mehrerer Partner, darunter die Vereinten Nationen, die Weltbank, die französische Entwicklungsagentur (Agence Française de Développement), Politiker*innen, Wissenschaftler*innen, Ministerien, Abteilungen und Behörden sowie Vertreter*innen des Privatsektors und verschiedener gefährdeter Gruppen (Devex, 2021).
Um Erfolg zu haben, muss man sie alle einbeziehen. Es muss sichergestellt werden, dass alle Interessengruppen an Bord sind, eine Stimme haben und sich an der Entwicklung und Umsetzung solcher Strategien beteiligen können. Mit den LDCs können sich lokale Akteure aktiv und dynamisch an der Umsetzung der NDCs beteiligen.
Adama Bamba (Africa Youth Advisory Board on Disaster Risk Reduction der Kommission der Afrikanischen Union) ist ein politischer Analyst, der sich mit der Verringerung des Katastrophenrisikos und der Klimaresilienz beschäftigt. Kossi Lorimpo Adjah ist Spezialist für Klimawandel und Landwirtschaft beim West African Science Service Center on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL). Rodas Melaku Negusu (Ethiopian Airlines Foundation) befasst sich mit der Rolle lokaler Akteure bei nachhaltiger Entwicklung und Klimawandel. Alle haben an der African-German Leadership Academy des BMZ am IDOS in Bonn teilgenommen.
Die EU hatte sich für den Gipfel mit der Afrikanischen Union im Februar 2022 viel vorgenommen. Doch außer einem neuen Investitionspaket gab es wenig Ergebnisse. Die Beziehungen sind angespannt, weil die afrikanischen Staaten ihre Interessen in der Partnerschaft nicht angemessen vertreten sehen.